Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten, Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV)

Die Zielsetzung zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (A.), die Erhöhung der Verkehrssicherheit durch eine „stärkere Differenzierung... in Abhängigkeit (der) Bedeutung...“ von Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten erreichen zu wollen, wird begrüßt.

Den Begriff „Vorwerfbarkeit“ halten wir in diesem Gesetzes-Zusammenhang für unangemessen und schlagen vor, ihn ersatzlos zu streichen.

Er beinhaltet die Gefahr einer Auslegung, für bestimmte gering bewertete Tatbestände „Verständnis“ aufzubringen und endet bei der in Deutschland leider üblichen Formulierung, dass dies „jeden von uns geschehen kann.“ Ein im BKat aufgeführter Tatbestand ist und bleibt aber „fahrlässiges Handeln“ und eine „Ordnungswidrigkeit“, unabhängig davon, dass der Konflikt oder der Schaden durch eine Sekunde Unaufmerksamkeit zustande kam. Die „Vorwerfbarkeit“ ist nach unserer Auffasung nur auf eine „vorsätzliche Handlung“ zu beziehen.

Die Erhöhungen der Regelsätze im BKat zu Tatbeständen:

  • Geschwindigkeit (Lfd.Nr. 8 - 11),
  • Abstand (Lfd. Nr. 12, 13) und
  • Überholen (Lfd. 16 - 28)

werden auch aus der Sicht der Verbesserung der Verkehrssicherheit von Fußgängern insbesondere im Stadtverkehr begrüßt.

Wir wenden uns grundsätzlich dagegen, „Sachbeschädigungen“ mit deutlich höheren Bußgeldern zu belegen, als die „Behinderung“ oder gar „Gefährdung“ von Menschen zu Fuß oder mit dem Rad.

Die vorgelegte Gesetzesänderung wäre eine Chance gewesen, diesen nach unserer Auffassung falschen Ansatz auszugleichen. Das Gegenteil ist geschehen. Eine derartige „Bewertung“ stützt die in Deutschland vorherrschende Nachlässigkeit gegenüber anderen Menschen und die Überbetonung der „Schramme im Auto“. Hier hat der Gesetzgeber die Aufgabe, mit einem Signal dieser Einstellung in der Bevölkerung und bei den Medien entgegenzuwirken.

Bei der Differenzierung ist die geringe „Bedeutsamkeit“ von Verstößen gegen die Sicherheit von Fußgängern und Radfahrern, gegen die Flüssigkeit des öffentlichen Personennahverkehrs und auch gegen die Umwelt nicht nur bestätigt, sondern erweitert worden. Wir halten dies für ein völlig falsches Signal im Sinne einer breiten und auf den Schutz von Betroffenen ausgerichteten Verkehrssicherheitspolitik.

Nach wie vor nehmen Fußgänger- und Radfahrerunfälle in den kommunalen Unfallstatistiken Spitzenplätze ein. In der Begründung zum Gesetzesentwurf wird eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass die Höhe der Bußgelder ein maßgeblicher Ansatzpunkt für eine effektive Wirkung der Verkehrssicherheitsarbeit ist (A.1., 2.Absatz). Zahlreiche Tatbestände zu Lasten von Fußgängern werden in der Referentenvorlage „keine nennenswerte Bedeutung für die Verkehrssicherheit“ zugemessen, bei denen „eine geringe Verminderung der Verwarnungsgeldregelsätze... hingenommen werden“ kann (Verbändeanschreiben vom 17.9.2007). Darunter befinden sich Tatbestände, die nach Unfallauswertungen und Analysen die Verkehrsunfallsituation in den Kommunen ganz eindeutig negativ beeinflussen.

Nach dem Referentenentwurf klafft die Schere zwischen den im Bußgeldkatalog hochgestuften Tatbeständen und den Tatbeständen im Zusammenhang mit dem Fußverkehr noch weiter auseinander als dies bisher schon der Fall ist. Dies ist nach unserer Auffassung ein falsches Signal gegenüber den Ordnungskräften in den Ländern und Kommunen, in Zukunft noch weniger Augenmerk auf die Verkehrsüberwachung im Niedrigsektor der Bußgelder zu legen.

Wer z.B. durch ein falsch geparktes Fahrzeug im Bereich eines Fußgängerüberganges in einem Kreuzungsbereich mehr als drei Stunden lang Fußgänger zumindest behindert aber eben in der Regel auch gefährdet wird derzeit mit 30,- Euro, im Entwurf nur noch mit 25,- Euro „eingestuft“. Wer aber die Vorfahrt nicht beachtet und einen anderen vorfahrtberechtigten Kraftfahrer gleichfalls „nur“ behindert, soll statt bisher mit 25,- nun mit 50,- Euro zur Kasse gebeten werden. Rein größenordnungsmäßig steht das Vergehen gegen die Fußgänger zur Zeit bei 120 % gegenüber dem Vergehen gegen einen einzelnen Kraftfahrer und es soll auf 50 % gesenkt werden.

Wir fordern deshalb den Gesetzgeber auf, die aus den Unfallstatistiken und Konfliktanalysen ersichtliche Bedeutung von Tatbeständen höher zu bewerten, die Fußgänger oft wesentlich behindern, gefährden, zu Beinah- oder Unfällen mit in der Regel Körperverletzungen führen und die Bußgelder entsprechend zu erhöhen.

Die im Anschluss aufgeführten Tatbestände halten wir aus Verkehrssicherheitssicht für so deutlich unterbewertet, dass diese Verhaltesweisen von Kraftfahrern als „Kavaliersdelikt“ empfunden und von den Ordnungskräften noch seltener geahndet werden könnten.

Wir betrachten es als ein Kuriosum, dass nach dem vorgelegten Entwurf des BKat Ordnungswidrigkeiten mit Behinderungen und Gefährdungen von Fußgängern in für Fußgänger vorgesehene „Schutzzonen“ wie Gehwegen oder verkehrsberuhigten Bereichen deutlich geringere Regelsätze aufweisen, als sie im Straßenverkehr nach §1 Abs.2 eingeführt werden sollen.

Wir schlagen vor, die Bußgelder in einem ersten Schritt gerigfügig zu erhöhen und vergleichbare Tatbestände mit gleichen Regelsätzen zu versehen. Dabei ist wie bei anderen Bußgeldbeträgen auch zu brücksichtigen, dass bei einem Bußgeld von 15,- Euro allein der Inflationsausgleich seit 1990 zu einem Bußgeld von ca. 21,- Euro führen müsste und bei 35,- Euro zu heute etwa 49,- Euro. Die von FUSS e.V. vorgeschlagenen deutlicheren Erhöhungen bei Tatbeständen ohne Behinderung sind auf die Tatsache zurückzuführen, dass in Tabelle 4 in diesem Bereich jeweils nur 5,- Euro Aufschläge für Behinderungen und 10,- für Gefährdungen vorgesehen sind.