Foto: Bernd Herzog-Schlagk,
FUSS e.V.

Die Führung des Radverkehrs ist an Haltestellen stets problematisch, insbesondere wenn er auf Gehwegniveau geführt wird. Hier gibt es, trotz eindeutiger Regelung in der Straßenverkehrs-Ordnung StVO regelmäßig Konflikte zwischen wartenden oder einsteigenden Fahrgästen und einzelnen Radfahrerinnen und Radfahrern.

Auf folgende Fragestellungen versuchen wir mit Aussagen aus den Regelwerken als Ausführungsvorschriften zu antworten, die im Detail nicht immer mit dem Standpunkt des FUSS e.V. übereinstimmen und nicht als ausreichend oder zielführend betrachtet werden müssen, aber dem derzeitigen „Stand der Technik“ entsprechen:

Wie kann die Vorbeiführung des Radverkehrs an Bus- und Bahnlinien umgesetzt werden?

„Bussonderfahrstreifen müssen für den Radverkehr freigegeben werden, wenn keine eigenständige Radverkehrsführung realisierbar ist. Es ist zu prüfen, ob [...] eine sichere Radverkehrsführung gewährleistet werden kann.“ Auf schmalen Bussonderstreifen, die nur sehr schwach durch Radfahrer befahren werden (weniger als 150 – 200 Radfahrer pro Stunde) sollte davon ausgegangen werden, dass kein negativer Einfluss auf den ÖPNV besteht. Dennoch kann in solchen Fällen geprüft werden „ob langsamen Radfahrern im betreffenden Streckenabschnitt durch Zusatzschild die Mitbenutzung des Gehweges erlaubt und bei Steigung eine separate Radverkehrsführung realisiert werden kann. Hierbei sind die Einsatzgrenzen für eine gemeinsame Führung von Radfahrern und Fußgängern zu beachten.“ Wenn „nicht benutzungspflichtige Führungen für den Radverkehr zusätzlich vorhanden sind (z.B. „Gehweg“ mit Zusatz „Radverkehr frei“)“ , kann ein negativer Einfluss auf schmalen Bussonderstreifen des Linienbusverkehrs ausgeschlossen werden (vgl. EAÖ, 4.1.5). Siehe Hinweise in der Rubrik Radfahren auf Gehwegen.

„Für den Radverkehr ist es bei Straßenbahnhaltestellen am Fahrbahnrand und bei Haltestellenkaps notwendig die Schienen spitzwinklig zu kreuzen. Dabei besteht eine Sturzgefahr, weswegen an diesen Haltestellen besondere Vorkehrungen zur Führung des Radverkehrs im Haltestellenbereich erforderlich sind.“ Zur Vermeidung der Sturzgefahr bei Straßenbahnhaltestellen am Fahrbahnrand – resultierend aus dem Kreuzen von Schienen – kann der Radverkehr bei ausreichenden Seitenraumbreiten an der Haltestelle durch den Seitenbereich geführt werden (vgl. EAÖ, 6.2.1).

Umsetzungsempfehlung / Es geht auch besser

  • Radverkehr entweder auf der Fahrbahn führen oder hinter Hahltestellenhäuschen mit Absperrgittern. Wichtig ist dabei der Sichtkontakt zwischen querenden zu Fuß Gehenden und dem Radverkehr. (1)

Wie ist der Radverkehr auf Gehwegniveau in Haltestellenbereichen zu führen?

„Zum Fußgängerverkehr ergibt sich bei Haltestellen am Fahrbahnrand durch Wartebereiche und Haltestellenausstattungen im Seitenbereich bei Flächenknappheit ein Konkurrenz- oder Konfliktverhältnis. Daher ist bei Anwendung dieser Bauformen eine ausreichende Bemessung des Seitenraumes erforderlich“ (vgl. RASt und EFA in EAÖ, 6.2.1).

„Bei Radwegen im Seitenraum werden Radfahrer bei Fahrbahnrandhaltestellen entweder zwischen Wartefläche und Gehweg oder parallel zur Haltestellenkante über die Wartefläche geführt. In beiden Fällen kann es zu Konflikten zwischen Radfahrern und Fußgängern oder Ein- und Aussteigern kommen. Ein durchgehender Radweg ist nur bei einer Führung zwischen Wartefläche und Gehweg und einer Breite von Geh- und Radweg ohne Berücksichtigung der Wartefläche von über 3 m möglich. In allen anderen Fällen ist eine Mischfläche (Zeichen 240 StVO „gemeinsamer Fuß- und Radweg“ oder Zeichen 239 StVO „Fußgänger“ mit Zusatzschild 1022-10 „Radverkehr frei“) einzurichten, inklusive der Wartefläche muss diese mindestens 3,50 m breit sein (EAÖ, 6.2.1).

Bei Flächenknappheit und Nutzungskonkurrenzen im Seitenraum kann der Radverkehr auf einer Anhebung zwischen Fahrbahn und Gehweg/Wartebereich geführt werden.

Bei beiden Ausführungen kann es zu Konflikten zwischen Radfahrern und Fußgängern bzw. Fahrgästen kommen. Die Konfliktsituation und die erhöhte Sorgfaltspflicht des Radverkehrs bei Fahrgastwechsel ist durch Verengung und entsprechende Materialgestaltung zu verdeutlichen. Die „angehobene Radverkehrsführung“ kann je nach Umfeld und Nutzung als Radweg oder als „Gehweg für Radfahrer frei“ ausgebildet werden. […] Bei Ausbildung als „Gehweg für Radfahrer frei“ ist eine taktile Führung mit Leitstreifen möglich und vorzusehen.“ „Bei Haltestellen mit Fahrbahnanhebung[…] befinden sich die Warteflächen im Seitenraum, also im Gehwegbereich. Die Führung des Radverkehrs ist meist unproblematisch. Wird der Radverkehr auf der Fahrbahn geführt, können Radfahrstreifen oder Schutzstreifen im Haltestellenbereich fortgesetzt werden. Wird der Radverkehr im Seitenbereich geführt, sollte der Radweg hinter Wartefläche und Fahrgastunterstand eingeordnet werden.“ (EAÖ, 6.2.1)

„Bei Busbuchten ist nachteilig, dass […] die Seitenräume durch den Flächenbedarf der Buchten erheblich eingeengt werden, wodurch die sichere und konfliktarme Führung von Radwegen in den Seitenräumen selten realisierbar ist und die Unterbringung von Wetterschutz und Einrichtungen zu Fahrgastinformation erschwert wird. Es kann zu erheblichen Konflikten zwischen Fahrgästen, Fußgängerlängsverkehr und Radverkehr kommen. […] Eine Radwegeführung im Seitenraum ist bei Busbuchten aufgrund der Einengung des Seitenraumes im Haltestellenbereich in angebauten Stadträumen im Allgemeinen problematisch und führt oft zu eingeschränkten Breiten der Wartebereiche sowie Rad- und Gehwege sowie zu Verschwenkungen.“ (EAÖ, 6.2.1)

„Bei Haltestellenkaps wird der Seitenbereich oder Gehweg bis an die Fahrbahn vorgezogen (Gehwegvorziehung). […] Gestalterisch kann das Haltestellenkap günstig in einen „Multifunktionsstreifen“ zwischen Fahrbahn und Gehweg eingeordnet werden […]. Das Haltestellenkap vermeidet Einbauten auf dem Gehweg und damit Behinderungen des Fußgängerlängsverkehrs.“ (EAÖ, 6.2.1)

„Anzustreben ist die Trennung des Schulbusverkehrs von anderen Verkehrsarten (Kraftfahrzeug-, Rad-, und Fußgängerverkehr).“ (EAÖ, 6.3.2)

Was ist bei den Querungsanlagen zu beachten?

„Sicherheitsdefizite für Fußgänger entstehen vor allem durch Querungen an ungesicherten Stellen oder durch die Missachtung der Signalreglung. Gesicherte Querungsanlagen zu den Haltestellen, die auch die Erreichbarkeit herannahender Fahrzeuge noch gewährleisten (z.B. dynamische Haltestellen), fördern die Verkehrssicherheit. ( EFA, 3.4.1) Bei Überquerungsanlagen des Radverkehrs muss ein großes Sichtfeld ebenso wie eine zügige Räumung des Gleisbereiches durch entsprechende technische Sicherheitsanlagen gewährleistet. „Geländer zur Führung der Fußgänger sind so anzuordnen, dass […] Fußgänger mit Fahrrad passieren können.“ (EAÖ, 7.1)

Außerhalb von Knotenpunkten müssen Querungen signalisiert werden. (vgl. EAÖ, 7.2) Um auf eine Signalisierung von Überquerungsstellen von Gleisen zu verzichten muss sichergestellt sein, dass die Gleisquerung „für Fußgänger, Radfahrer und in ihrer Mobilität eingeschränkte Personen sowohl bei Tag als auch bei Nacht deutlich erkennbar“ ist. (EAÖ, 7.1) Bei Überquerungsanlagen des Radverkehrs muss ein großes Sichtfeld ebenso wie eine zügige Räumung des Gleisbereiches durch entsprechende technische Sicherheitsanlagen gewährleistet. Außerdem sind Gleisquerungen im spitzen Winkel (< 50 gon) zu vermeiden.

Wie müssen sich Radfahrerinnen und Radfahrer an Haltestellen verhalten?

Die Straßenverkehrs-Ordnung ist in allen Fällen des Vorbeifahrens eindeutig: „Wenn Fahrgäste ein- oder aussteigen, darf rechts nur mit Schrittgeschwindigkeit und nur in einem solchen Abstand vorbeigefahren werden, dass eine Gefährdung von Fahrgästen ausgeschlossen ist. Sie dürfen auch nicht behindert werden. Wenn nötig, muss der Fahrzeugführer warten.“ (StVO §20, Absatz 2). Diese Regelung gilt selbstverständlich auch dann, wenn sich Radfahrerinnen und Radfahrer auf einem Radweg auf der Höhe des Gehweges befinden.

Weitere Informationen zum Verkehrsverhalten finden Sie unter www.senioren -sicher-mobil.de > Tipps für Radfahrerinnen und Radfahrer .

 

Eine Übersicht über die für den Fußverkehr relevanten Planungsgrundlagen und weitergehende Hinweise finden Sie im Literatur-Register. Die genauen Bezeichnungen der in diesem Abschnitt verwendeten Planungsgrundlagen entnehmen Sie bitte in kompakter Form den Quellenangaben unten auf dieser Seite. Die Links im Text oben führen Sie dagegen zum Literatur-Register, da dort bei manchen Regelwerken zusätzlich weiterführende Literatur genannt wird.

Weitere Informationen zum Themenbereich finden Sie in der Rubrik Haltestellen, über die Planungsgrundlagen hinausgehende Informationen finden Sie in der entsprechenden Themengruppen Fußgänger und Radverkehr sowie Fußgänger und öffentlicher Personennahverkehr auf unserer Website www.fuss-ev.de.

Richtlinien

EAÖ - Forschungsgesellschaft für das Straßen- und Verkehrswesen FGSV (Hrsg.): Empfehlungen für Anlagen des öffentlichen Personennahverkehrs EAÖ, Ausgabe 2013

EFA - Forschungsgesellschaft für das Straßen- und Verkehrswesen FGSV (Hrsg.): Empfehlungen für Fußgängerverkehrsanlagen EFA, Ausgabe 2002

StVO - Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur BMVI (Hrsg.): Straßenverkehrs-Ordnung StVO, in der Fassung vom 6. März 2013

Literaturverzeichnis

(1) Bundesanstalt für Straßenwesen 2007 (Hrsg.): Potenziale zur Verringerung des Unfallgeschehens an Haltestellen des ÖPNV/ÖPSV. URL: https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=7&ved=2ahUKEwirz5zosJPkAhUD16QKHcuWBPkQFjAGegQIBRAC&url=https%3A%2F%2Fbast.opus.hbz-nrw.de%2Fopus45-bast%2Ffiles%2F166%2FM190.pdf&usg=AOvVaw0kEVogyaiDdeqdgxs0d-kL